Bad News – ja und? Wie Führungskräfte im Gespräch aus Fallen Chancen bauen

„Dagegen bin ich machtlos“, wiederholt Vicomte de Valmont gebetsmühlenartig, als er Madame de Tourvel in „Gefährliche Liebschaften“ aus heiterem Himmel erklärt, dass ihre Beziehung beendet sei. Keine Angabe von Gründen, er wappnet sich durch diese schwammige Formulierung gegen jeden Anhaltspunkt, einzuhaken, nachzufragen und dagegen zu argumentieren. Eine gute Strategie, um schlechte Neuigkeiten zu verkünden? Wir wissen, wie die Geschichte endet: Frustration, Unverständnis, Verzweiflung und ein tödliches Duell. Im Mittelalter mussten Herolde sogar um ihr Leben fürchten, nur dem Narren war es gestattet, Unangenehmes, witzig verpackt, ungestraft mittzuteilen. Heute fürchten wir nicht um Leib und Leben, sondern um Ansehen, Status, Respekt der Mitarbeiter und natürlich das Betriebsklima.

Was also ist zu tun, wenn man die unangenehme Aufgabe hat, die gefürchteten Bad News an seine Mitarbeiter weiterzugeben? Schlagen Sie keine ausgefeilten rhetorischen Haken, die perfekte Formulierung für die Bad News gibt es nicht. Und bedenken Sie: es hilft nichts, Unangenehmes hübsch zu verpacken, denn die Realität holt Sie ganz schnell wieder ein. Im Gegenteil, wenn Sie nur die halbe Wahrheit sagen, verspielen Sie damit Ihren Vertrauensbonus. Zeigen Sie stattdessen ruhig, dass dies auch für Sie keine angenehme Aufgabe darstellt.

 Was hilft? Zuhören – Mitfühlen – Verständnis zeigen – Perspektiven geben

Der Fall aus der Praxis 1

Sie haben einem Ihrer engagiertesten Mitarbeiter im letzten Mitarbeitergespräch vor 6 Monaten zugesagt, dass er im nächsten Jahr eine längerfristige Fortbildung machen kann, an deren Kosten sich das Unternehmen beteiligt und ihn dafür einen halben Arbeitstag pro Woche freistellt. Nun erfahren Sie, dass das gesamte Budget für Weiterbildung ersatzlos gestrichen wurde.

Ihr Ziel:

Sie wollen den engagierten Mitarbeiter nicht verlieren. Auch sein Engagement und das gute Verhältnis im Team sollen unter diesem Einschnitt nicht leiden.

Achtung! Falle

Tun Sie nicht so, als ginge Sie das Ganze nichts an, als wären Sie nur der Erfüllungsgehilfe der bösen Budgetkürzer.

Sachliche Ebene: Schieben Sie die Verantwortung für die Konsequenzen dieser Entscheidung nicht einfach von sich weg: „Ich kann da gar nichts dafür, das wurde ohne mich beschlossen“. Sie haben eine Zusage gemacht und Ihr Mitarbeiter verlässt sich darauf. Machen Sie klar, dass er kein Einzelfall ist, sondern diese Kürzung alle diesbezüglich getroffenen Zusagen betrifft. Bemühen Sie sich zeitnah um ein Gespräch – der Mitarbeiter wird sich doppelt vor den Kopf gestoßen fühlen, wenn er die Hiobsbotschaft erst „fünf vor zwölf“ erfährt. Machen Sie keine falschen Versprechungen: „In einem Jahr sieht das wieder ganz anders aus“. Sprechen Sie ehrlich und offen, dass Sie ihn als engagierten Mitarbeiter schätzen, ihm nun leider keine Vergünstigung gewähren können, die diese Wertschätzung ausdrückt. Stellen Sie ihm aber in Aussicht, dass Sie versuchen eine gemeinsame Lösung zu finden.

 Emotionale Ebene: Geben Sie dem Gespräch den richtigen Rahmen. Hier geht es um Wertschätzung – daher sollten Sie ausschließlich das persönliche Gespräch wählen. Laden sie den Mitarbeiter auch persönlich zu diesem Termin ein, im Idealfall in seinem Büro, so dort die Möglichkeit besteht, in Ruhe (keine Telefonate oder andere Unterbrechungen) unter vier Augen zu sprechen. Teilen Sie solche Hiobsbotschaften nie zwischen „Tür und Angel“ oder schnell zwischen zwei Meetings mit, das vermittelt Desinteresse und Ignoranz gegenüber den Interessen des Mitarbeiters. Geben Sie Ihrem Bedauern, dass Sie die versprochene Zusage zurücknehmen müssen, ruhig in ganz persönlichen Worten Ausdruck. Fragen Sie nach, ob er schon einen Studien-/Ausbildungsplatz bekommen hat, evtl. einen Vorschuss zahlen musste etc. Lassen Sie Ihren Mitarbeiter nicht alleine mit seiner Enttäuschung und Frustration. Fragen Sie, ob er noch andere Möglichkeiten sieht, die ihn unterstützen könnten. Sprechen Sie auch weiter mit Ihrem Mitarbeiter über mögliche Schritte, die seine Weiterbildung ermöglichen. Er soll nicht das Gefühl haben, das für Sie mit dem Gesprächsende das Thema erledigt ist.

Der Fall aus der Praxis 2

Für die Optimierung der Customer Care wurde eine komplett neue Software aufgesetzt. Die Auftragsannahme/Reklamation, Vertriebsmannschaft sowie alle Helpdesk-Mitarbeiter müssen schnellstmöglich eingearbeitet werden. Dafür wurden 2 Wochenend-Seminare mit dem Softwarehersteller anberaumt, da aufgrund der aktuellen Auslastung nur so alle Mitarbieter gleichzeitig geschult werden können.

Ihr Ziel: Die Schulung soll möglichst reibungslos über die Bühne gehen, sodass sich alle Mitarbeiter engagiert beteiligen und die Software schnellstmöglich effizient eingesetzt werden kann. Sie müssen einer zu erwartenden Verweigerungshaltung den Wind aus den Segeln nehmen und den Goodwill der Mitarbeiter erreichen.

Vorsicht Falle:

Machen Sie aus der Angelegenheit keinen Zweizeiler, schließlich geht es hier um vier Tage Privatleben, die Ihre Mitarbeiter dafür opfern müssen! Versuchen Sie nicht, den Inhalt der Botschaft durch Camouflage optischer oder rhetorischer Natur hübscher zu machen als er ist. Das führt nur zu Misstrauen (wo liegt der Hund begraben?) und zu Ablehnung, wenn sie die Katze aus dem Sack lassen.

Sachliche Ebene: geben sie der Nachricht genau jene Bedeutung, die sie hat: Es ist unangenehm, im Unternehmensalltag manchmal notwendig, aber kein Drama. „Mitteln“ Sie ihre Botschaft inhaltlich gut aus, zwischen „von engagierten Mitarbeitern wird Mehrarbeit erwartet“ und „wir schätzen Ihre Bereitschaft dazu“. Kommunizieren Sie klar, worum es geht: Dauer, Inhalte, Ziele, wird es nötig sein Nachschulungen zu machen, und wenn ja, für wen unter welchen Voraussetzungen? Spielen Sie die Notwendigkeit der Schulung nicht falsch herunter, indem Sie so tun, als wären die vier Tage nur ein Spaziergang, bei dem es gilt Zeit abzusitzen, denn ohne die konzentrierte Mitarbeit macht die Schulung keinen Sinn.

Lassen Sie Fragen zu und bereiten Sie sich auf Gegenargumente vor: „Die alte Software hat doch einwandfrei funktioniert, warum muss denn alle drei Jahre etwas Neues her?“. Verstricken Sie sich dabei nicht in Fachchinesisch, um vom Inhalt abzulenken. Der heißt nämlich – 4 Tage Schulung sind erforderlich. Stellen Sie keine Goodies als Ausgleich in Aussicht, wenn Sie dies nicht vorab verbindlich abgeklärt haben. Machen Sie klar, dass es sich dabei um eine vorerst einmalige Angelegenheit handelt. Versuchen Sie, den Sinn hinter der Schulung transparent zu machen, z. B.: „Sie opfern 4 Tage, aber dafür haben Sie danach im Arbeitsalltag eine Zeitersparnis durch effizientere Abläufe von durchschnittlich XY Arbeitsstunden pro Projektablauf“.

Emotionale Ebene: Auch hier gilt – persönlicher Kontakt zeigt Wertschätzung und betont das Miteinander im Team. Sie wollen ja nicht, dass ein Teil der Mitarbeiter der Schulung fernbleibt und Sie diese im schlimmsten Fall mit einem Teil der betroffenen Mitarbeiter wiederholen müssen. Das fällt auf Sie als Verantwortlicher zurück und schürt den Unmut im Team – noch ein Wochenende geht dafür drauf. Geben Sie derartige Einschnitte nicht einfach per E-Mail oder im Intranet bekannt. Laden Sie die Betroffenen z. B. in den Konferenzraum ein, setzten Sie dazu einen zeitlich begrenzten Termin an.

Verzichten Sie auch hier auf dekorative Kosmetik, lassen Sie sich nicht dazu hinreißen von der Brisanz des Themas ablenken zu wollen. Das geht schief – Mitarbeiter „riechen“ das im Regelfall sofort und werden noch misstrauischer.

Begehen Sie keinesfalls den Fehler, einen Sündenbock zu präsentieren, um vermeintlich selbst besser dazustehen. Als Führungskraft tragen Sie auch unangenehme Entscheidungen mit, man kann sich nicht die Rosinen heraussuchen und alles Unangenehme auf „die da oben“ abschieben, denn das macht Ihre Position unglaubwürdig! Setzen Sie stattdessen auf das Wir-sitzen-alle-in-einem-Boot-Gefühl und füllen dieses aber auch mit Leben.

Keep in mind: Mit der A-A-A –Formel geht’s in die richtige Richtung

Authentizität-Aufmerksamkeit-Achtsamkeit

Authentizität: Es geht um Ihre Glaubwürdigkeit. Sprechen Sie mit Ihrer eigenen Sprache, denn wenn eine sonst sehr sachliche Person plötzlich ganz emotional wird, weckt das Fragen, vielleicht sogar Misstrauen und gleichzeitig verliert auch die vermittelte Botschaft an Verbindlichkeit. Formulieren Sie klar und ohne Umschweife. Es geht hier nicht darum, Zahlen für den Geschäftsbericht appetitlich anzurichten, sondern Ihre Mitarbeiter/Ihr Team dazu zu bringen, trotz Einschränkungen weiterhin motiviert ihr Bestes zu geben.

Aufmerksamkeit: Zuhören ist der Schlüssel zum Erfolg! Geben Sie Ihrem Gesprächspartner Raum. Er darf eine andere Meinung haben. Wenn Sie seinen Widerspruch hören und annehmen, fühlt er sich als Person ernst genommen und wird sich Ihren Argumenten gegenüber deutlich offener zeigen.

Achtsamkeit: Nehmen Sie Sorgen und Ängste ernst, so abwegig Sie Ihnen auch auf den ersten Blick scheinen mögen. Berücksichtigen Sie, dass Unternehmensentscheidungen oft auch in das Privatleben Ihrer Mitarbeiter fortwirken, dies dürfen Sie nicht einfach achtlos vom Tisch wischen. Flexibilität und Entgegenkommen von Seiten Ihrer Mitarbeiter sollten Sie anerkennen, aber keinesfalls als selbstverständlich voraussetzen. Halten Sie deshalb Ihre Mitarbeiter auch weiter auf dem Laufenden, über weitere Entscheidungen, Zwischenschritte und Erfolge.

In sieben Schritten zum guten Ende:

1.)    Persönliche Einladung zum Gespräch

2.)    (Vier-Augen-)Gespräch in entspannter Atmosphäre

3.)    Nehmen Sie sich ausreichend Zeit dafür!

4.)    Zeigen Sie Wertschätzung für die erbrachte Leistung.

5.)    Zeigen Sie Anteilnahme und Bedauern.

6.)    Geben Sie eine Perspektive, wenn möglich: Vergünstigungen/Entgegenkommen/Nutzen anderer Art

7.)    Bieten Sie Anschlusskommunikation an, auch per E-Mail, Intranet oder persönlich, informieren Sie weiterhin über weitere Schritte/Beschlüsse

 Niemand überbringt gerne freiwillig schlechte Nachrichten. Aber Entscheidungsträger und Führungskräfte kommen nicht darum herum. Die Kunst dabei ist es, möglichst wenig falsch zu machen und durch aufmerksame und offene Kommunikation mit den Mitarbeitern die interne Dialogkultur zusätzlich zu stärken. Im Idealfall heißt das: Fallen vermeiden, Chancen erkennen und nutzen.

Und vor allem Zuhören. Denn ich werde nicht müde, dies gebetsmühlenartig zu wiederholen:

Jedes gute Gespräch beginnt mit Zuhören.

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